Der Passagier
Er war gerade zu Besuch bei jemandem, damit sie in seinen vierundzwanzigsten Geburtstag herein feiern konnten. Er hatte einen schönen Abend verbracht, und der andere war echt süß. Ja, er hatte sich verliebt. Als sie sich kennenlernten war es nur so ein kleines Kribbeln, eine Ahnung, dass da mehr werden könnte. Doch jetzt war er hoffnungslos, bis über beide Ohren verliebt und genoss es in vollen Zügen. Er hätte nicht zu glauben gewagt, dazu jemals wieder in der Lage sein zu können.
Jetzt lagen sie fest aneinander gekuschelt im Bett, und er fragte ihn, ob er ihm ein Lied zum Einschlafen singen dürfe, während er ihn in den Schlaf wiegte. Er mochte solche kleinen Gesten. Er fand sie romantisch.
Er durfte und begann eine ruhige Melodie anzustimmen. „You are my sweetest downfall, I loved you first, I loved you first. Beneath the sheets of paper lies my truth…” Er kam ins Stocken, denn etwas zog plötzlich an ihm. Zog ihn immer tiefer und tiefer, bis alles schwarz wurde.
Als er erwachte war er, wie bereits so oft in der Vergangenheit, wieder in seinem Kinderzimmer. Erneut lag „der Alte“ lässig auf dem Bett und grinste ihn teils hämisch, teils lasziv an. Um die vierzig musste er jetzt wohl sein.
Schon wie er sich auf dem Bett zu positionieren pflegte, die Arme über den Kopf verschränkt, mit seinem feinen Hemd, seiner Jeans und dem Geruch von Rasierwasser, wie seine grau-blauen Glubschaugen ihn förmlich auszogen, seine breit gemachten Beine … Dem 24-jährigen wurde schlecht.
„Was willst du …“ Das war keine Frage, viel eher eine hasserfüllte Drohung, und das Grinsen des Alten wurde breiter. Ein Funkeln war in seinen Augen zu sehen.
„Ich dachte ein bisschen mit deinem Vater zu reden würde dir mal wieder gut tun,“ er machte eine gönnerhafte Geste und setzte sich auf.
„Du bist nicht mein…“, er flüsterte die ersten Worte voll unterdrücktem Zorn, und wurde harsch unterbrochen.
„Ja, ja, ja. Das hatten wir doch jetzt wirklich schon oft genug. Biologisch natürlich nicht, bla, bla. Aber um dich zu erinnern, mein Hase. Der, der du jetzt bist“, er machte eine Pause, die wohl dramatisch wirken sollte. „Das hast du alles mir zu verdanken,“ er gluckste leicht.
Falsch, dachte der Junge und der Hass in seinem Inneren erreichte den Gipfel. Du hast es zu verschulden und eines Tages wirst du dafür bezahlen, du pädophiler Wichser. Sein „Vater“ wollte selbstverständlich, dass er so dachte, aber er konnte einfach nicht anders. Dieser Mensch musste sterben für das, was er ihm und vermutlich vielen anderen Jungen angetan hatte.
Er würde ihn aufspüren. Dann würde er seinen Bauch aufschneiden, diese fette Wampe und ihn dabei zusehen lassen. Dann würde er… Weiter kam er nicht, denn etwas feucht warmes berührte seine Hand und ließ ihn aufschrecken. Er schaute an sich herab und sah einen weißen Wolf, der ihm mit besänftigender Miene zärtlich die Hand ableckte. Er beruhigte sich und streichelte seinem tierischen Gefährten sanft über den Kopf.
Das Lächeln seines „Vaters“ erstarb schlagartig.
„Du hast es also nach all den Jahren, zehn immerhin, endlich geschafft.“ Er applaudierte höhnisch.
„Aber wie du siehst bin ich immer noch hier, obwohl du zurück hast, wonach du dich all die Jahre über sehntest“, er schritt auf den Jungen zu während er sprach und pochte mit dem Finger auf dessen Stirn.
„Und vielleicht bin ja auch noch ein bisschen hier?“, der Finger wanderte zum Herzen. Ein Knurren ließ den Alten innehalten. Er betrachtete den Wolf abschätzig. Mistvieh.
„Wo hast du ihn her? Wer hat dir geholfen?“ Aber der Junge dachte nicht daran es ihm zu sagen.
„Ah, ich mochte deine gespielte Gegenwehr immer sehr, das hat dich überaus niedlich gemacht, weißt du? Fast so sehr wie ihn“, er zeigte auf den Wolf. „Wobei ihr damals natürlich noch Eins wart.“ Er ging das Zimmer auf und ab, blieb dann stehen du fixierte den Jungen.
„Nun gut. Wenn du nicht reden willst, dann halt auf die gute, alte Art.“ Die Augen des Jungen wurden groß, er hauchte ein „nein“ und der Wolf knurrte lauter, war kurz davor anzugreifen. Der Alte scherte sich nicht darum. Er blockte den Sprung des Weißen ab und schleuderte ihn gegen die Wand, wo er bewusstlos liegen blieb. Etwas Blut rann aus dessen Maul. Der Alte quittierte es, wie so vieles, mit einem Grinsen. Sein eigentliches Opfer wirkte auf einmal sehr viel jünger, nicht mehr wie der starke 24-jährige, zu dem er herangewachsen war, sondern klein, schwach und unbedeutend. Er verkroch sich in eine Ecke, aber eine Flucht gab es auch für ihn nicht.
Der Alte krempelte seine Hemdsärmel nach oben, packte ihn am Kragen und rammte seinen anderen Arm in den Kopf des Kindes vor ihm. Sie drang ohne Mühe ein, aber nach all der Zeit war das keine Kunst mehr. Der Kleine streckte hilflos seine Hände nach seinem Freund aus, bevor aller Wille aus seinen Augen wich. Es blieb eine leere Hülle, eine Marionette, mit der man tun konnte was man wollte. Er leckte sich leicht über die Lippen und erinnerte sich an damals. Wie er die süße Qual dieser grün-braunen Augen in sich aufsog, wie er diesen Kopf, mit seinem dichten braunen Haar, in Richtung seines Schrittes zog. Aber er war nicht hier um in Erinnerungen zu schwelgen.
„Interessant“, murmelte sein Peiniger und zog sich, nachdem er zufrieden mit seiner Ausbeute war, zurück. Er ließ den Kleinen fallen, setze sich wieder aufs Bett und wartete. Er überlegte sich ob er diesem Hund, der ab und zu schmerzerfüllt quiekte, den Gnadenstoß versetzen sollte. Aber wozu eigentlich? Das sie wieder Eins würden war so unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass sie ihn jemals dran kriegten. Erst dann würde der Kleine richtig gefährlich. Die Zeit heilt alle Wunden? Er klopfte sich auf den Schenkel und lachte. Soviel hatte sein ehemaliges Opfer davon gar nicht. Gut, er hatte es bis hierhin überlebt und hatte einen Teil von sich wieder und er glaubte auch, dass er endlich jemanden hatte, dem er sein Herz anvertrauen konnte. Er hatte es im Kopf des Jungen gesehen. Das Bild eines jungen schwarzen Wolfs. Aber er würde erneut enttäuscht werden, und dieses Mal würde es den Kleinen in die Hölle befördern.
Dieser kam langsam wieder zu sich und schaute ihn an.
„Er ist es nicht. Vergiss ihn. Zu jung, zu kompliziert alles. Er ist es einfach nicht. Tob dich an ihm aus, hab deinen Spaß und dann lass ihn fallen.“ Der Alte blickte aus dem Fenster. Er liebte es zu spielen.
„Das weißt du nicht…“, die Stimme des Jungen klang monoton und leer, als wäre sie weit entfernt.
„Wirklich? Ich denke allerdings, dass ich eine Menge über dich weiß. Ist nur ein gut gemeinter Rat.“ Der Kleine kotzte. Wie erbärmlich.
„Wie dem auch sei. Wie du siehst geht die Sonne gerade auf, mein Süßer. Also bis bald“, er warf einen Kuss durch die Luft, „ und WACH AUF AIDEN .“ Die begann Szene zu verschwimmen. Im letzten Moment griff der Junge nach dem Wolf, bevor alles in einem Nebel aus rot verschwand.
„Aiden, wach doch bitte auf.“ Die Stimme klang flehend, und er wollte sie nicht enttäuschen. Er erwachte. Über sich sah er ein engelsgleiches Gesicht, mit dem schönsten Paar grüner Augen, die er je gesehen hatte. Sie musterten ihn eingehend und spiegelten seine grau-blauen Augen wider.
Jetzt lagen sie fest aneinander gekuschelt im Bett, und er fragte ihn, ob er ihm ein Lied zum Einschlafen singen dürfe, während er ihn in den Schlaf wiegte. Er mochte solche kleinen Gesten. Er fand sie romantisch.
Er durfte und begann eine ruhige Melodie anzustimmen. „You are my sweetest downfall, I loved you first, I loved you first. Beneath the sheets of paper lies my truth…” Er kam ins Stocken, denn etwas zog plötzlich an ihm. Zog ihn immer tiefer und tiefer, bis alles schwarz wurde.
Als er erwachte war er, wie bereits so oft in der Vergangenheit, wieder in seinem Kinderzimmer. Erneut lag „der Alte“ lässig auf dem Bett und grinste ihn teils hämisch, teils lasziv an. Um die vierzig musste er jetzt wohl sein.
Schon wie er sich auf dem Bett zu positionieren pflegte, die Arme über den Kopf verschränkt, mit seinem feinen Hemd, seiner Jeans und dem Geruch von Rasierwasser, wie seine grau-blauen Glubschaugen ihn förmlich auszogen, seine breit gemachten Beine … Dem 24-jährigen wurde schlecht.
„Was willst du …“ Das war keine Frage, viel eher eine hasserfüllte Drohung, und das Grinsen des Alten wurde breiter. Ein Funkeln war in seinen Augen zu sehen.
„Ich dachte ein bisschen mit deinem Vater zu reden würde dir mal wieder gut tun,“ er machte eine gönnerhafte Geste und setzte sich auf.
„Du bist nicht mein…“, er flüsterte die ersten Worte voll unterdrücktem Zorn, und wurde harsch unterbrochen.
„Ja, ja, ja. Das hatten wir doch jetzt wirklich schon oft genug. Biologisch natürlich nicht, bla, bla. Aber um dich zu erinnern, mein Hase. Der, der du jetzt bist“, er machte eine Pause, die wohl dramatisch wirken sollte. „Das hast du alles mir zu verdanken,“ er gluckste leicht.
Falsch, dachte der Junge und der Hass in seinem Inneren erreichte den Gipfel. Du hast es zu verschulden und eines Tages wirst du dafür bezahlen, du pädophiler Wichser. Sein „Vater“ wollte selbstverständlich, dass er so dachte, aber er konnte einfach nicht anders. Dieser Mensch musste sterben für das, was er ihm und vermutlich vielen anderen Jungen angetan hatte.
Er würde ihn aufspüren. Dann würde er seinen Bauch aufschneiden, diese fette Wampe und ihn dabei zusehen lassen. Dann würde er… Weiter kam er nicht, denn etwas feucht warmes berührte seine Hand und ließ ihn aufschrecken. Er schaute an sich herab und sah einen weißen Wolf, der ihm mit besänftigender Miene zärtlich die Hand ableckte. Er beruhigte sich und streichelte seinem tierischen Gefährten sanft über den Kopf.
Das Lächeln seines „Vaters“ erstarb schlagartig.
„Du hast es also nach all den Jahren, zehn immerhin, endlich geschafft.“ Er applaudierte höhnisch.
„Aber wie du siehst bin ich immer noch hier, obwohl du zurück hast, wonach du dich all die Jahre über sehntest“, er schritt auf den Jungen zu während er sprach und pochte mit dem Finger auf dessen Stirn.
„Und vielleicht bin ja auch noch ein bisschen hier?“, der Finger wanderte zum Herzen. Ein Knurren ließ den Alten innehalten. Er betrachtete den Wolf abschätzig. Mistvieh.
„Wo hast du ihn her? Wer hat dir geholfen?“ Aber der Junge dachte nicht daran es ihm zu sagen.
„Ah, ich mochte deine gespielte Gegenwehr immer sehr, das hat dich überaus niedlich gemacht, weißt du? Fast so sehr wie ihn“, er zeigte auf den Wolf. „Wobei ihr damals natürlich noch Eins wart.“ Er ging das Zimmer auf und ab, blieb dann stehen du fixierte den Jungen.
„Nun gut. Wenn du nicht reden willst, dann halt auf die gute, alte Art.“ Die Augen des Jungen wurden groß, er hauchte ein „nein“ und der Wolf knurrte lauter, war kurz davor anzugreifen. Der Alte scherte sich nicht darum. Er blockte den Sprung des Weißen ab und schleuderte ihn gegen die Wand, wo er bewusstlos liegen blieb. Etwas Blut rann aus dessen Maul. Der Alte quittierte es, wie so vieles, mit einem Grinsen. Sein eigentliches Opfer wirkte auf einmal sehr viel jünger, nicht mehr wie der starke 24-jährige, zu dem er herangewachsen war, sondern klein, schwach und unbedeutend. Er verkroch sich in eine Ecke, aber eine Flucht gab es auch für ihn nicht.
Der Alte krempelte seine Hemdsärmel nach oben, packte ihn am Kragen und rammte seinen anderen Arm in den Kopf des Kindes vor ihm. Sie drang ohne Mühe ein, aber nach all der Zeit war das keine Kunst mehr. Der Kleine streckte hilflos seine Hände nach seinem Freund aus, bevor aller Wille aus seinen Augen wich. Es blieb eine leere Hülle, eine Marionette, mit der man tun konnte was man wollte. Er leckte sich leicht über die Lippen und erinnerte sich an damals. Wie er die süße Qual dieser grün-braunen Augen in sich aufsog, wie er diesen Kopf, mit seinem dichten braunen Haar, in Richtung seines Schrittes zog. Aber er war nicht hier um in Erinnerungen zu schwelgen.
„Interessant“, murmelte sein Peiniger und zog sich, nachdem er zufrieden mit seiner Ausbeute war, zurück. Er ließ den Kleinen fallen, setze sich wieder aufs Bett und wartete. Er überlegte sich ob er diesem Hund, der ab und zu schmerzerfüllt quiekte, den Gnadenstoß versetzen sollte. Aber wozu eigentlich? Das sie wieder Eins würden war so unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass sie ihn jemals dran kriegten. Erst dann würde der Kleine richtig gefährlich. Die Zeit heilt alle Wunden? Er klopfte sich auf den Schenkel und lachte. Soviel hatte sein ehemaliges Opfer davon gar nicht. Gut, er hatte es bis hierhin überlebt und hatte einen Teil von sich wieder und er glaubte auch, dass er endlich jemanden hatte, dem er sein Herz anvertrauen konnte. Er hatte es im Kopf des Jungen gesehen. Das Bild eines jungen schwarzen Wolfs. Aber er würde erneut enttäuscht werden, und dieses Mal würde es den Kleinen in die Hölle befördern.
Dieser kam langsam wieder zu sich und schaute ihn an.
„Er ist es nicht. Vergiss ihn. Zu jung, zu kompliziert alles. Er ist es einfach nicht. Tob dich an ihm aus, hab deinen Spaß und dann lass ihn fallen.“ Der Alte blickte aus dem Fenster. Er liebte es zu spielen.
„Das weißt du nicht…“, die Stimme des Jungen klang monoton und leer, als wäre sie weit entfernt.
„Wirklich? Ich denke allerdings, dass ich eine Menge über dich weiß. Ist nur ein gut gemeinter Rat.“ Der Kleine kotzte. Wie erbärmlich.
„Wie dem auch sei. Wie du siehst geht die Sonne gerade auf, mein Süßer. Also bis bald“, er warf einen Kuss durch die Luft, „ und WACH AUF AIDEN .“ Die begann Szene zu verschwimmen. Im letzten Moment griff der Junge nach dem Wolf, bevor alles in einem Nebel aus rot verschwand.
„Aiden, wach doch bitte auf.“ Die Stimme klang flehend, und er wollte sie nicht enttäuschen. Er erwachte. Über sich sah er ein engelsgleiches Gesicht, mit dem schönsten Paar grüner Augen, die er je gesehen hatte. Sie musterten ihn eingehend und spiegelten seine grau-blauen Augen wider.
masamune - 26. Nov, 10:09