Heute trat er seine Reise an und er wusste alles würde sich verändern. Es war sein „Tag der Tage“. Die meisten objektiven Betrachter seines „Tag der Tage“ würden ihn zwar für pathetisch halten, übertrieben pathetisch. Aber was wussten die schon. Objektivität zeichnet sich durch einen Mangel der Berücksichtigung der Individualität eines Menschen aus. Es reichte wenn er über die Tragweite und Bedeutung im Klaren war, was zählte war er. Also nahm er seinen Koffer, der mit den Rollen, die auf den Pflastersteinen in der Stadt immer das laute Geräusch machten, weswegen ihn die Leute immer entnervt anblickten und machte sich los. Aber sollte er das schwere Ding etwa in die Hand nehmen? Nein, und er tat das auch nicht. Es war keine Gleichgültigkeit aus der er so handelte, er war schlicht und einfach bequem. Nein, die Menschen waren ihm nicht egal, dass würde er ihnen heute eindeutig beweisen. Es war ein Gefühl der Gewissheit beim Aufstehen gewesen. Heute wo er auf Reisen gehen würde, völlig ungeplant, würde seine Stunde kommen. Er machte sich auf den Weg, klapperte durch die Stadt Richtung Bahnhof, stieg in den Zug, und fragte sich ob es jetzt passieren würde. Er blickte sich um. Suchte nach einem Anzeichen. Natürlich würde er keines finden. Die Dinge geschahen wenn sie geschahen. Also setzte er sich und wartete. Er fuhr durch seine ländliche Heimat, schwelgte in Erinnerungen an seine Kindheit, wie sie als Kinder über die grünen Hügel gestromert waren, durch die Wälder wanderten, geheime Höhlen erkundeten, sprich als das Leben noch unschuldig und simpel war. Es regte sich während der ganzen Zeit aber nichts und er stieg am Hauptbahnhof der großen Stadt aus, die ihn anblaffte mit ihren Schornsteinen und ihren finster dreinblickenden Leuten. Wahrlich finstere Leute, die dort wohnten. Bis heute. Er würde dafür sorgen, dass Licht herrschen wird in ihren Geistern. Ein Stück weit zumindest. Er lächelte in grimmiger Zufriedenheit und machte sich daran zur Straßenbahn weiterzugehen. Die Treppen hinab in den Untergrund, wo sich werktags die Massen entlang wälzten und sich in die Züge drückten, als wäre es der letzte Zug zum letzten erreichbaren Ziel. Heute war es vergleichsweise leer. Der Tag der Tage war ein Feiertag. Für ihn sowieso, er hätte ihn in seinem Leben auch zu einem gemacht, wird es vielleicht auch noch machen. Er reihte sich in die Schlange der Gleichen und Grauen ein und merkte, wie sich das Rad zu drehen begann. Er setzte sich diesmal nicht. Er würde stehen müssen, gut sichtbar für alle Anwesenden. Gleich war es soweit. Er spürte es in seinen Knochen. Aber was wenn nichts passierte?
Das konnte aber einfach nicht sein. Sein Instinkt hatte ihn nie betrogen. Trotzdem blieb ein schaler Nachgeschmack. Seine Leben ging zu Ende, dass wusste er. Seine Besuche in die Außenwelt waren Zeit seines Lebens selten gewesen und dieser hier wäre vielleicht sein letzter. In seinem Alter plante man die Jahre nicht mehr. Wenn man lebte, dann war es ebenso und wenn man starb hatte es halt ein Ende. Überraschungen waren mit der Zeit rar geworden. Das Leben floss vor sich hin. Es wurde farbloser, die Zeit in den Hügeln war vorbei, keine geheimen Höhlen mehr die es zu erkunden galt. Er seufzte, doch seine Gedanken wurden jäh durch einen Rempler in seinen Rücken unterbrochen.
„Ein Spende für die Obdachlosen?“ Ein Herr mittleren Alters , dessen Zähne in denkbar schlechtem Zustand waren und dessen Ausdünstungen das Atmen schwer machten, stand vor ihm und hielt ihm einen „Coffee to go“ Pappbecher hin, in dem ein paar Münzen verloren den Boden bedeckten. Da war er, der Moment und er nutze ihn. Er hatte ihn ja durchgespielt. Immer und immer wieder. Jetzt wurde ihm die perfekte Vorlage geliefert und er nutze sie gnadenlos, wie ein darauf abtrainierter Hund. „Nein, aber sie haben mein Mitgefühl und meine Hoffnungen sind bei ihnen und damit meine ich bei allen Leute, die wie sie sind und glauben Sie mir, davon gibt es viele, auch wenn sie nicht ihr Auftreten haben, sind Sie doch in ihrer Seele nicht anders als Sie.“ Der Mann schaute ihn verdutzt an. „ Davon kann ich mir aber nichts kaufen,“ und wollte weitergehen. Der Alte hielt ihn und ließ ihn nicht fort. Ein fester schmerzender Griff. „Ja, das ist ihr Problem nicht wahr? Das ist euer aller verdammtes Problem.“ Damit ließ er ihn gehen, hatte seine Arbeit getan, und verließ die Straßenbahn.
Ich muss allen leuten, die diese Lyrics von Lucid Dreams von Franz Ferdinand veröffentlicht haben leider sagen, dass ihr in der Hölle schmoren müsst. Dort werdet ihr im Fegefeuer Englisch lernen.
So Gott will versteh sich...
masamune - 16. Mär, 23:44
Aber ich schreib doch was dazu. Beziehungsweise meine Fragen die ich habe.
Ich glaube nicht, dass der Amoklauf an sich von einer Aggression angetrieben wurde. Es ist kein Problem der Gewalt. Der Junge wollte keine Gewalt zum Ausdruck bringen. Von demher ist für mich die Killerspiel Diskussion sowieso schon an dem Punkt gelaufen. Diese Spiele vermitteln vermutlich nichtmal den nötigen Skill, und desensibilisieren auch nicht. Zumindest nicht diesen Jungen, er wurde von seinen Mitschüler vermutlich genug verstümmelt. Unter Umständen ja unwissentlich. Kinder gehen in ihrer jugendlichen Grausamkeit nicht geplant vor. Außenseiter passieren, sie werden nicht gemacht.
Zurück zum Thema. Weder die Lust nach Gewalt hat ihn dazu getrieben (die hätte er anders abreagieren können), noch vermutlich allzustark aufgestaute Emotionen. Dagegen spricht, dass er seine "Traurigkeit" immer nach Außen getragen hat, dass er sich im Schützenverein abreagieren konnte, und von mir aus auch in "Killerspielen". Zudem ist Aggressivität meiner Meinung nach eine Eigenschaft, die man Besitzt oder nicht. Ein Charaktermakel. Ich bin latent Aggressiv, wie vermutlich ein Großteil der männlichen Bevölkerung. Aber für sowas findet sich wie gesagt ein Venitl. Dieser Junge hatte genug Ventile.
Seine Depressionen waren vielleicht Teilauslöser, wenn aber nur in Mischung mit etwas anderem. Sonst hätte sich seine Gewalt nicht nach außen Gerichtet, sondern er hätte sich selber getötet und gut war es. Auch die These von Christian Pfeiffer halte ich für gewagt und durch politische Motive aufgeweicht. Sie besagte, dass Amokläufer gemacht, aber nicht geboren werden. Gerade durch den zweiten Satz entlarvt sich Pfeiffer aber selbst "Wir können uns um Außenseiter kümmern, um Jugendliche, die in Krisensituationen sind. Aber verhindern können wir Amokläufe nicht."
Vermutlich hat er selber Begriffen, dass doch mehr dahintersteckt. Natürlich will das Gegenteil keiner hören, würde es doch bedeuten, dass man diese Menschen identifizieren kann. Langfristig würde das zu Misstrauen und einer Art Hetzjagd führen. Vielleicht zu noch größerer Abgrenzung der jeweiligen Personen. Ein Szenario a la Gattaca. Tatsache ist, dass man einen Defekt eben nicht ausschließen kann. Vielleicht war es ein hormoneller, ausgelöst durch die Depressionen. Dafür bin ich nicht Mediziner genug.
Noch ein kurzes Statement zum Thema Zitate: Ob das umlaufende Zitat, wonach er einem anderen Jungen Namens Bernd das Szenario ankündigt ein Fake ist?
Mir persönlich gefällt die Vorstellung eines letzten Hilfeschrei, der da ausgesprochen wurde. Passt das zum Profil? Teils. Prahlerei ist natürlich ein Teil davon. Aber Taten mit denen man prahlt erfüllen ihren seelischen Zweck eben mit der Prahlerei. Sie sind nicht umbedingt da, um vollstreckt zu werden. Ansonsten sind solche Menschen eher introvertiert. Es passt einfach nicht in die Welt etwas so gravierendes, so großes, zu kommunizieren.
Wie bei der Prahlerei verfolgt diese konkrete Tat nur ein Ziel. Erlösung. Er versucht seinen Schmerz, die Leere, Trauer zu mildern. Dafür gibt es nur einen Weg, nur ein Balsam für die Seele und die heißt Anerkennung. Das ist ein Motiv welches meiner Meinung nach unterschätzt wird. Wir alle lechzen nach Anerkennung. Es ist, was unser Leben am Laufen hält. Leute die im Leben, im Beruf stehen, wissen, dass sie honoriert werden für die Dinge die sie tun. Sei es durch eine Gehaltszahlung, ein Lob vom Chef oder ähnliches. In der Schule herrscht dabei aber das härteste System vor. Hier wird der Schüler knallhart mit einer Zahl versehen. Kopfnoten sind dabei die Krönung. Es ist als ob man eine hübsche Frau/Mann in der Stadt auf der Straße laufen sieht und ihm "Note 2, aber tu mal was für deinen Arsch" hinterherruft. Ein knallhärteren Ausdruck von Anerkennung gibt es seitens der Schule nicht. Im sozialen Bereich sind die Dinge nicht einfacher. Es gibt verschiedene Typen Schüler, als da sind Nerds, Snobs, Bad Boys, Leute die stinken, Leute die eine Schlampe als Mutter haben, Leute deren Vater mehrere Millionen hat, Leute die gar nichts besonderes haben. In der Schule ist Anerkennung schwer zu erlangen. Eine Gruppe hat dabei die Repressionen der anderen zu ertragen. Was aber kein Problem ist, da die Geborgenheit in einer Gruppe diesen Punkt egalisiert. Jemand der vollständig isoliert ist, ist dabei ein seltenes Phänomen. Er hätte Repressalien aller Gruppen zu ertragen. Der psychische Druck der dadurch entsteht ist immens. Er kann gerade in dieser "rebellischen" Phase der jugendlichen Selbstfindung auch von der Familie nicht aufgefangen werden. Weil der draht zu den Eltern, gerade auch mit diesen Problemen, ein extrem dünner wird. Eventuell hat man Angst mit Phrasen abgespeist zu werden wie "du musst einfach offener auf die Leute zugehen", "geh doch mal öfter vor die Tür, du hängst ja nur vor dem PC".
Diese Isolation führt zwangsläufig, wenn es dabei auch nicht umbedingt an die Oberfläche des Bewusstseins gelangt, zu der Frage, was ich als Mensch auf dieser Erde überhaupt soll. Das ist der Punkt wo der junge Mensch eine Entscheidung trifft, auch das eventuell nicht bewusst. Etwas muss passieren. Etwas muss das Gefüge zersprengen. Etwas muss zu Anerkennung führen. Meine Noten tun es nicht, ich habe keine Freunde die mir das Gefühl geben. Also muss ich etwas tun, das von keinem ignoriert werden kann. Klar könnte ich sportlich etwas tolles erreichen, aber bemerkt das jeder? Habe ich das Selbstvertrauen und die Kraft dazu? Nein, etwas anderes muss her. Das war vermutlich das Motiv des "Amokläufers von Winnenden". Er hat etwas getan was keiner ignorieren konnte. Das er sich primär auch gar nicht selbst umbringen wollte, sondern das erst getan hat nachdem er angeschossen wurde, spricht eher dafür, dass er etwas von seiner Tat haben wollte.
So aber nun genug und zu meiner Frage:
Warum habe ich in dieser Zeit damals einen Selbstmordversuch gewählt und keinen Amoklauf?
masamune - 16. Mär, 11:54
Ich rühre mal die Werbetrommel für die Seite meiner Mutter und lege euch einen Besuch wärmstens ans Herz:
http://malenmitmarion.npage.de/
Dort wird sie in Zukunft ihre gemalten Werke ausstellen und wer interessiert ist, kann sie sicher auch gerne anschreiben und sich ein paar Tipps geben lassen.
masamune - 19. Feb, 16:57
Es ist der 25.07.2008 Geburtstag meines Bruder, aber auch Geburtstag meiner vor kurzem verstorbenen Großmutter. Rest in peaceful sleep Omi... Wir vermissen dich alle.
masamune - 25. Jul, 19:47
Hier natürlich noch der Link zur neuesten Single von MIA.
http://de.youtube.com/watch?v=Z6S_K8_0FTc
Hört es 5 mal an und ihr bekommt es nicht mehr aus dem Kopf.
Für manche die das Lied sinnlos finden hier noch die offizielle Beschreibung der Single damit leuchten die Lyrics von Mia Mein Freund vielleicht eher ein:
Ein Freund. Ein guter Freund. Wieso ruft er dann nicht an? Ich höre ihn auch so. Sehen tue ich ihn selten. Wie oft müssen sich Freunde sehen? Müssen sie überhaupt? Müssen sie gerade DAS nicht? Ist Freundschaft nicht losgelöst von Raum und Zeit? Ein wenig jedenfalls. Ich bin mir selbst mein bester Freund. Reicht das? Braucht man einen Freund? Mehr als einen? Ich habe mehrere beste Freunde. Wie geht' n das? Wie viele beste Freunde kann man denn haben? Mögen die sich? Müssen sich meine Freunde denn mögen? Müssen die sich überhaupt kennen? Sollten sie? Freunde kennen einen manchmal besser als man sich selbst kennt. Und umgekehrt! Dafür hat man ja Freunde! Freunde hat man für immer! Schweißfüsse auch. Freundschaften halten länger als Beziehungen. Kann das nicht der selbe Mensch sein - der Freund und die "Beziehung"? Was für ein hässliches Wort! Mein Partner ist mein bester Freund. Wer auch sonst? Und mit wem redest du über Beziehungskram? Ist nicht der dein bester Freund, mit dem du über ALLES redest? Ich rede mit NIEMANDEM über Alles. Ich habe einen Kinofreund, einen Fußballfreund, einen für Samstagnacht und einen für Sonntagabend. Wer Freunde hat ist nie allein. Freunde sind wie ein Haus. Wie eine Familie. Freunde SIND Familie. Wie viele Freunde brauche ich? Mehr als einen? Hält Freundschaft länger als Liebe? Ist Vertrauen wichtiger als Zeit? Du nervst, mein Freund! Entschuldige. Egal, ich hab dich trotzdem lieb. Oder gerade deswegen. Ist Freundschaft Liebe? Irgendwie ja. Der beste Freund des Menschen ist der Hund. Der größte Feind des Hundes ist der Mensch. Freunde sperrt man nicht ein. Freunde muss man auch gehen lassen können. Und man muss sich BEI ihnen gehen lassen können. Wenn ich mit Freunden Sex habe, sind sie dann noch meine Freunde? Oder heißt das dann anders? Ficksaft? Du bist albern! Das mag ich an dir. Ich stehe zu meinen Freunden. Und wenn sie Scheiße bauen? Auch dann! Und wenn sie jemandem wehtun? Mmmmmhhhhh - auch dann! Und wenn sie DIR wehtun? Freunden tun sich nicht weh. Und ob! Ich liebe dich. Du mich auch.
Haha Wall of Text inc! :>
http://www.miarockt.de/
masamune - 20. Jul, 11:48